35380 Paimpont
Mitten in der Bretagne befindet sich der mythische Wald von Paimpont mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Dieses früher riesige Waldgebiet bildete unter dem Namen „Forêt de Brocéliande“ den Handlungsort großer Teile der Sage um König Artus, den Zauberer Merlin und die Fee Morgane (die sich der Legende nach etwa im 5.Jh. abspielte und ab dem 11.Jh. vor allem in der Literatur wieder aufgegriffen wurde).
Die Rundreise durch den Sagenwald beginnt in dem kleinen Weiler Paimpont. Ursprünglich lag hier ein im 7.Jh. durch Bischof Judicael von Saint-Malo gegründetes Kloster, heute kann man eine ab dem 13.Jh. errichtete gotische Abtei mit der dazu gehörigen Kirche besichtigen. Der Chor und das Querschiff verfügen über steinerne gotische Gewölbe, das Hauptschiff ist mit einer Holzvertäfelung aus dem 17.Jh. versehen. Die von einigen ehemaligen Wirtschafts- und Wohngebäuden umgebene Abtei Notre-Dame dominierte das Leben des Ortes bis zu ihrer Auflösung im Zuge der französischen Revolution am Ende des 18.Jhs.. Erst danach entwickelte sich der heutige Marktflecken Paimpont.
Neben der idyllischen Abtei, die einen hübschen Garten mit vielen Hortensien besitzt, befindet sich ein Cromlech (Steinkreis), der allerdings nicht aus der Megalithkultur (Jungsteinzeit) stammt, sondern als Versammlungsort für rituelle Zeremonien des neuzeitlichen Druidenkultes angelegt wurde.
Am Etang de Pas du Houx, dem größten See des Waldes, ist das Château de Brocéliande zu sehen, das im normannischen Stil im 20.Jh. errichtet wurde.
Die nächste Etappe der Tour ist das angebliche Grab des Zauberers Merlin. Der Legende nach soll Merlin hier auf ewig gefangen sein, umgeben von neun magischen Kreisen, die seine Geliebte Viviane um ihn gezogen hat. Heute sind von dem früheren Cromlech oder Dolmengang nur mehr zwei am Stamm einer mit Kränzen geschmückten Stechpalme angelehnte Schieferplatten erhalten. Manche Besucher lassen am Grab Zettel mit Wünschen zurück, in der Hoffnung, Merlin werde sie erfüllen.
In der Nähe des Grabes befindet sich auch der sogenannte Jungbrunnen, das Wasser dieser Quelle soll verjüngende Wirkung haben. Wenn man den Wasserspiegel überschreitet, kann man in das Land der ewigen Jugend gelangen.
Das Grab und der Brunnen haben leider wenig mystische Ausstrahlung, sie scheinen eher irgendwann in den letzten zweihundert Jahren einmal errichtet worden sein, um Touristen anzulocken. In der das Grab umgebenden Heidelandschaft mit Strauchgruppen kann man aber ganz gut spazieren gehen.
Bei der Weiterreise erreicht man das Château und den See von Comper. Das heutige Schlossgebäude stammt aus dem 14.Jh. und 16.Jh., liegt auf dem Gelände einer ehemaligen Burg und besitzt einen sehr idyllischen Park mit einem großen See.
Der Legende nach zog die Herrin vom See (die Fee Viviane) im See von Château de Comper den späteren besten Artusritter Lancelot auf. Zudem gibt es Sagen über Comper als Wohnort der Priesterin Velléda und des bretonischen Königs Salomon (9.Jh.).
Comper steht während seiner Anfangszeit in Verbindung zu den Baronen von Gael-Monfort. Raoul de Gael-Monfort kämpfe an der Seite von Wilhelm dem Eroberer in der Schlacht bei Hastings (1066), auf die die normannische Eroberung Englands folgte. Die aus vier von hohen Mauern verbundenen Ecktürmen bestehende Vorgängerburg besaß aufgrund ihrer Gräben und dem Schutz durch den See eine wichtige strategische Position und war Schauplatz vieler Kämpfe und Belagerungen. Nach einer Zerstörung im 14.Jh. und einem anschließenden Wiederaufbau war das Schloss im 16.Jh. während der Religionskriege eine Hochburg der protestantischen Hugenotten und wurde nach dem Sieg der Katholiken durch König Henri IV. geschleift. Im 19.Jh. baute man Château de Comper wieder auf.
In dem eher schlicht gehaltenen und aus rot-braunem Stein gemauerten Schloss ist heute das „Centre de l'imaginaire arthurien“ untergebracht, in dem man sich über die Artussage informieren und interessante (französischsprachige) Bücher kaufen kann. Das Schloss kann besichtigt werden, der Besuch des Parkes kostet einen Euro (2008).
Der Rundgang über das Schlossgelände und durch den Park lohnt sich sehr. Dabei stößt man immer wieder auf verfallene und bewachsene Mauerreste, was Château de Comper eine romantische und leicht verwunschene Atmosphäre verleiht und es älter wirken lässt, als es tatsächlich ist. Aufgrund des historischen Ambientes und mystischen Flairs ist das Schloss von Comper überaus sehenswert und daher das Highlight im Wald von Brocéliande.
In der Nähe von Comper befindet sich bei dem kleinen Dorf Vaubossard an der Rue Eon die Chêne à Guillotin, eine berühmte riesige Eiche mit einem hohlen Stamm, der angeblich Platz für bis zu zehn Personen bietet. Um die ca. 1000 Jahre alte Eiche rankt sich die Legende vom Priester Guillotin, der sich während der französischen Revolution im Stamm der Eiche vor den Revolutionären versteckte. Seine Häscher verfolgten ihn, fanden aber den Eingang durch ein Spinnennetz verschlossen vor. Da sie nicht wagten, das Netz zu zerstören, zogen sie sich zurück und der Priester war gerettet.
Ob wirklich zehn Personen in den Stamm der Eiche passen, ist schwer zu beurteilen (es scheint aber doch eher unwahrscheinlich zu sein). Durch eine kleine Öffnung kann man jedoch in den Hohlraum im Stamm hinein schauen und sich selbst überlegen, ob in der Legende etwas Wahres steckt. Um die Eiche von Guillotin herum laden einige Sitzbänke zum Picknicken ein.
Die nächste empfehlenswerte Station auf der Rundreise durch den Wald von Paimpont ist das in der Nähe des hübschen Dorfes Tréhorenteuc in einer mit Stechginster und einigen Pinien bewachsenen Schlucht gelegene geheimnisvolle und sagen-umwobene Tal ohne Wiederkehr. Hier hielt die Fee Morgane der Legende nach ihre untreu gewordenen Liebhaber (bis zur Erlösung durch den besten Ritter Lancelot) gefangen. Den See im Tal benutzten die Feen angeblich als Spiegel, was angesichts der glatten Oberfläche auch durchaus möglich zu sein scheint. Zudem gilt das Tal als Reich der „nächtlichen Wäscherinnen“, denen man nicht beim Auswringen ihrer Wäsche helfen sollte, da dies für den Helfenden zum Tod führt. Im Tal befindet sich der Arbre d´Or, ein goldener Baum, den ein Künstler zur Erinnerung an einen Waldbrand im Jahr 1989 geschaffen hat und der die Wiedergeburt des Waldes symbolisieren soll.
Das Val sans Retour ist ein idyllischer, etwas mystischer Ort, dessen Besuch sich ebenso wie die Besichtigung von Tréhorenteuc lohnt. Im Dorf ist vor allem die im 17.Jh. errichtete Kirche sehenswert, die in der Mitte des 20.Jhs. umgestaltet wurde und in der biblische Motive vor dem Hintergrund keltischer Religion, der Artussage und der Geschichten aus dem Wald von Brocéliande dargestellt werden.
Wie in der gesamten Bretagne finden sich auch im Wald von Paimpont zahlreiche Dolmen und Menhire, die in der Megalithkultur des Neolithikums (Jungsteinzeit, ca. 6000 bis 1500 v. Chr.) wahrscheinlich als Grabstätten dienten. Der genaue Zweck dieser Steinformationen ist jedoch nicht bekannt. Einige der Megalithen tragen im Wald von Brocéliande die Namen „Der Garten der Mönche“, „Vivianes Haus“ und „Das Grab des Riesen“.
Die letzte Station auf der Rundreise durch den Sagenwald von Brocéliande bildet das von Wassergräben umgebene und aus rötlichem Schiefer erbaute Château de Trécesson aus der Mitte des 15.Jhs.. Es ist mit einem von flankierenden Türmen gesäumtem Torhaus und einem mehreckigen Eckturm ausgestattet und besitzt einen trapezförmigen Burghof mit dem Wohntrakt auf der rechten und Wirtschaftsgebäuden mit einer Kapelle auf der linken Seite. Um das imposante Schloss ranken sich einige Legenden und Spukgeschichten. Leider ist es nicht möglich, Trécesson von innen zu besichtigen.
Auf der Fahrt durch den Fôret de Brocéliande kommt man an vielen interessanten Sehenswürdigkeiten aus den verschiedensten historischen Epochen vorbei, deren Spektrum von der Vor- und Frühgeschichte bis in die Gegenwart reicht. In einer reizvollen Wald- und Heidelandschaft findet man steinzeitliche megalithische (Grab)Anlangen, mittelalterliche Kirchen und frühneuzeitliche Schlösser sowie moderne Kunstwerke – für jeden Geschmack ist hier etwas Passendes dabei. Zu empfehlen ist die Tour, für die man schon einen ganzen Tag einplanen sollte, aber vor allem für Fans der Artussage, Geschichts- und Archäologieinteressierte und Schlossliebhaber.