Hügelfestungen, Rundhäuser und Türme der Vor- und Frühgeschichte
In der Jungsteinzeit wurden Holzhäuser mit Lehmbewurf und erste Steinhäuser erbaut. Dazu gehört z. B. das älteste Steinhaus in Nordeuropa in Knap of Howar auf Papa Westray (Orkney). Es besteht aus Bruch- und Trockenstein und wurde um 3500 v. Chr. errichtet. Die berühmte Siedlung in Skara Brae (Mainland, Orkney) war von ca. 3000 bis 2500 v. Chr. bewohnt. Ihre mit Treibholz oder Tierknochen gedeckten und in den Boden vertieften steinernen Häuser sind über Gänge verbunden. Zudem gab es ein Entwässerungssystem aus Birkenrinde, Keller, Bettkästen, Regale und einfache Schränke.
Am Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit ab etwa 700 v. Chr. entwickelten sich Wallanlagen in Form der meist mit einer Palisade befestigten Hill forts/Höhensiedlungen (z. B. Eildon Hill bei Melrose von ca. 1000 v. Chr.) im Süden des heutigen Schottland über der Forth-Clyde-Linie.
Zwischen 800 v. Chr. und 300 n. Chr. entstanden Rundhäuser aus Trockensteinmauern mit konischem Holzdach wie Brochs in Form von mehrstöckigen doppelwandigen und fensterlosen Wohntürmen vor allem in den nördlichen Highlands und auf den Inseln. Sie dienten wahrscheinlich als Wohnsitze der landbesitzenden Bevölkerung oder Monumentalbauten höhergestellter Familien. Diese Rundhäuser hatten meist einen Durchmesser von 10–15 m und waren bis zu 15 m hoch. Sie verfügten über einen tunnelartigen ebenerdigen Eingang auf dem Festland mit Wächterzellen, radial angeordnete T-förmige Wandkammern und eine zwischen der inneren und der äußeren Mauer verlaufende, Galerien miteinander verbindende spiralförmige Treppe sowie eventuell einen mehrstöckigen hölzernen Innenausbau. Kleinere Bauten mit gleicher Konstruktionsweise werden als Duns bezeichnet.
Erwähnenswerte Brochs und Duns sind z. B. der später zu einem Wheelhouse umgewandelte Broch Mousa auf Shetland, der größte bisher bekannte Broch, Edin´s Hall (30 m Durchmesser), bei Dun in Berwickshire, der vom 8. Jh. v. Chr. bis zum 2. Jh. n. Chr. benutzte und in einer älteren Befestigung stehende Crosskirk Broch einst mit umgebenen Gebäuden (eine Siedlung?) südlich der St Mary´s Chapel aus dem 13. Jh. bei Thurso in Caithness (nicht erhalten), der von mächtigen Erdwällen umgebene Kilphedir Broch in Sutherland, der Feranch Broch in Sutherland, Carn Liath in Sutherland, South Yarrows bei Wick, Dun Dornaigil in Sutherland, Dun Telve und Dun Troddan.
Seit der Jungsteinzeit sind auch vor allem an der Westküste auf natürlichen oder künstlich angelegten Inseln als in der Regel hölzerne Pfahlbauten gekrönt von einem Rundhaus errichtete und bis in das 17. Jh./18. Jh. übliche Crannogs/crannag nachweisbar. Im Scottish Crannog Centre bei Kenmore (Perthshire) wurde am Loch Tay ein Crannog rekonstruiert. In der römischen Zeit waren besonders im Westen und Norden runde Wheelhouses mit einer äußeren Mauer mit Steinpfeilern üblich. Ab dem Beginn des 3. Jhs. existierten südöstlich der Grampian Mountains hölzerne Rundhäuser mit „souterrains“, halbeingetieften, mit Decksteinen überdachten Gängen.
Burgen und Wohnhäuser des Mittelalters
Der Burgenbau begann in Schottland ab der Mitte des 12. Jhs. im Zuge der
Etablierung des anglo-normannischen Feudalsystems und der Zentralisierung der königlichen Macht in Form
von hölzernen motte-and-bailey-Kontruktionen mit einem auf einem Hügel stehenden Bergfried und einer Umfassung oder einem Hof.
Ab dem 13. Jh. wurden die Turmhügelburgen durch aus Stein (häufig Trockensteinbausweise aus
Bruchsteinen mit Lehmverputz oder Harl (Rauputz aus Lehm mit eingebrachten Kieselsteinchen) errichtete, durch eine Mauer mit Zinnen gesicherte L- oder Z-förmige Burgen als
befestigte Wohnsitze des Adels, Verwaltungsmittelpunkte und Stationierungspunkte von Truppen ersetzt.
Viele Burgen wurden in Form des Tower House (Wohn- und Wehrturm)
erbaut, mit einem meist rechteckigen oder quadratischenGrundriss, Außenwänden aus Bruchsteinmauerwerk und in der Regel drei bis vier Stockwerken. Diese verfügten jeweils über einen
zentralen Raum und in die Mauern eingelassene umgebene Kammern und Nischen. Die unteren zwei Geschosse wurden häufig von Steingewölben, die darüber liegenden Stockwerke von Holzbalkendecken
überspannt. Abgeschlossen wurden die Tower Houses durch ein oft schiefergedecktes Satteldach mit einem umschließenden Wehrgang mit zinnenbesetzter Brüstungsmauer (z. B. Abergeldie Castle,
Aberdeenshire).
Ab dem 12. Jh. wurden entlang der englisch-schottischen Grenze in
kleineren Siedlungen als Wachtürme und Wohnsitze der Grundbesitzer dienende und oft mit einer Kirche verbundene Peel Towers mit meist quadratischem Grundriss, Feldsteinmauern
und drei Stockwerken errichtet.
Vor dem Hintergrund der englischen Invasionen unter König Edward I und
fortwährenden englischen Belagerungen schottischer Burgen verfolgte Robert the Bruce eine Politik der Zerstörung von Burgen, um deren Nutzung durch den Gegner zu verhindern. Nach den
Unabhängigkeitskriegen wurden ab der Mitte des 14. Jhs. neue und größere Burgen gebaut. Ab den 1330er Jahren integrierte man nach der Einführung von Schießpulverwaffen entsprechende neue
Techniken in die Burgen.
Die bis in die Frühe Neuzeit in kleinen Dörfern oder isoliert
stehenden einfachen Wohnhäuser waren überwiegend aus Stein in Mörtel- und Trockensteinbauweise oft mit einem
von außen nicht sichtbaren stützenden Rahmen aus Holzbalken (cruck) in der Dachkonstruktion und Torf
oder Lehm in den Steinzwischenräumen errichtet und je nach Region mit Ginster, Heidekraut, Stroh, Grassoden oder Schilfrohr gedeckt.
Nach dem frühmittelalterlichen Rundhaus war ab dem Hochmittelalter das bis
in die Späte Neuzeit hinein durch Menschen und Tiere gemeinsam genutzte Wohnstallhaus in Form des
Langhauses/Blackhouse (t(a)igh dubh) die üblichste Form des Wohnhauses in Schottland. Es
verfügte oft nur über einen Fußboden aus Steinplatten oder Erde, eine zentrale Feuerstelle (ohne Rauchabzug) und schmale Fenster sowie wenige Räume (z. B. Moirlanich Longhouse aus dem 19.
Jh.).
Auf dem Land existierten sheilings, ursprünglich nur im Sommer während der Weidezeit bewohnte Hütten. In den Borders wurden nach dem Vorbild der Peel Towers Bastle Houses erbaut.
Schlösser, Wohnburgen, Wohntürme und Wohnhäuser der Neuzeit
Ab der Mitte des 15. Jhs. wurden die Burgen zur Nutzung von Geschützen
häufig im Stil der Renaissance sowie oft französisch beeinflusst mit einem viereckigen Hof mit Treppentürmen an den Ecken umgebaut. Der Schwerpunkt verschob sich von der
Verteidigungsburg hin zur Wohnburg (Palace) mit einem zweigeschossigen Saal als Zentrum.
Als erste königliche Residenz im Stil der Renaissance (mit einer
Integration der kontinentalen Renaissance-Formen in traditionelle lokale Muster unter der Verwendung schottischer Baumaterialien wie Stein und Harl sowie re-romanisierenden Elementen)
wurde in der ersten Hälfte des 16. Jhs. (durch den Architekten John de Waltoun) der Linlithgow Palace errichtet.
Viele Elemente des Burgenbaus wurden an Wohn- und Herrenhäusern z. B. in Form von verstrebten Fenstern, zinnenartigen Fassaden oder
kleinen Türmen aufgegriffen.
Ab den 1560er Jahren entstanden auf der Grundlage der meist
dreistöckigen, von einer Brustwehr gekrönten Tower Houses und Peel Towers Schlösser im Stil des bis zum
Ersten Weltkrieg beliebten Scottish Baronial (für den der königliche Architekt William Wallace eine
wichtige Rolle spielte). Er vereinte Elemente von über hohe Mauern verfügenden mittelalterlichen Burgen, der kontinentaleuropäischen Architektur vor allem französischer Châteaux im Stil der Renaissance und schottische Baumaterialien (vor allem Stein und Putz). Die Gebäude besaßen meist einen Z-förmigen Grundriss mit einem rechteckigen Block mit Türmen, Zinnen, vorkragenden Türmchen, abgestuften Giebeln, unterschiedlich hohen Dächern und
Lanzettfenstern sowie bemalte Decken im Inneren (z. B. Crathes Castle, Craigievar Castle und Castle
Fraser).
Die Zeit der Bürgerkriege und englischen Besetzung Schottlands im 17. und frühen 18. Jh. war durch den Bau von mehreckigen
Festungen mit Bastionen z. B. in Ayr, Inverness und Leith geprägt. Nach der Niederschlagung der Jakobitenaufstände durch die Regierung wurden nach 1746 viele Burgen und Festungen aufgegeben. Ab
dem späten 18. Jh. entwickelten sie sich häufig zu Touristenattraktionen.
Im 19. Jh. entstanden als Ausdruck der Romantik Gebäude im Stil der
Neogotik. Beeinflusst durch die Residenz von Walter Scott Abbotsford House und den Wiederaufbau von Balmoral Castle wurde zumdem der Scottish Baronial Stil wiederbelebt. Ab dem frühen 20. Jh. begann man mit der Restaurierung und Rekonstruktion von Burgen.
Im ländlichen Bereich wurden im 18. Jh. im Zuge der Verbesserung der
Landwirtschaft neue einheitliche und teilweise mehrseitige Hofgebäude errichtet, bei größeren Höfen mit
einer Trennung des Wohnhauses von den Stallungen.
Die lange
Hauptstraße mit schmalen abgehenden Gassen der ab dem Mittelalter entstehenden burghs wurde durch hohe Gebäude
aus Stein teilweise mit Fachwerkfronten und Schieferdächern sowie meist über einen Glocken- oder Uhrturm verfügende Tolbooths (Verwaltungsgebäude) gesäumt. Die häufig schmalen, vierstöckigen und mit einem Stufengiebel versehenen Häuser der reichen Kaufleute
waren im niederländischen Stil gehalten (z. B. Gladstone´s Land in Edinburgh).
Ab der Mitte des 17. Jhs. wurde durch den Architekten Sir William Bruce der Klassizismus in Schottland eingeführt, der z. B. Kinross House beeinflusste. Nach dem Act of Union 1707 entstanden vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen
Wachstums zahlreiche neue öffentliche und private Gebäude. Eine große Rolle spielte in dieser Zeit der den Klassizismus mit barocken Elementen kombinierende Architekt William Adam.
Im Zuge der Industrialisierung legte man in den Städten
gitterförmige rechteckige Wohnblöcke und offene Plätze im klassizistischen Stil unter der Verwendung lokaler Steinvorkommen (z. B. von gelbem Sandstein in Edinburgh, rotem Sandstein in Glasgow und
Granit in Aberdeen) an. Von der Mitte des 18. Jhs. bis in das 20. Jh. wurden neue Stadtviertel (New
Towns) erbaut.
Im späten 19. Jh. entstand die freitragende Forth Bridge als erstes
Bauwerk aus Stahl.
Öffentliche Gebäude und Wohnhäuser der Zeitgeschichte und Gegenwart
Im frühen 20. Jh. wurde die europäische Architektur durch den Architekten Charles Rennie Mackintosh beeinflusst, der Elemente der traditionellen schottischen Architektur mit
gegenwärtigen Bewegungen mischte. Sein Stil war durch eine klare und funktionale Gestaltung des Außenbaus mit Anklängen an die Tower Houses sowie geradlinige Dekore im Jugendstil
geprägt.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden als Antwort auf die Wohnungsnot und
Entbehrungen der städtischen Bevölkerung Sozialwohnungen gebaut. In den Vorstädten entstanden Bungalow-Gürtel.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und ab der Mitte des 20. Jhs. war die öffentliche Architektur vor dem Hintergrund der Schaffung eines umfassenden
Wohlfahrtsstaates und des Einflusses des Modernismus zweckbedingt, mit einem Fokus auf neu erbauten
Hochhäusern (Tower Blocks). Der spekulative Hausbau wuchs an an. Man verwendete zunehmend preiswertere Baumaterialien wie Zement, Beton und Backstein.
Ab den 1980er Jahren gab es eine Abwendung vom Modernismus mit einer teilweisen Rückkehr zu modernen Elementen ab den 1990er Jahren. So wurden z.
B. entlang des Clyde das Glasgow Science Center und der Glasgow Tower (2001) als höchster Turm Schottlands sowie 2004 das an umgedrehte Fischerboote erinnernde Scottish Parliament Building in
Edinburgh errichtet.
Gegenwärtig werden zunehmend Versuche zur Bewahrung des baulichen Erbes unternommen und
Programme zur städtischen Regeneration (durch die Rückkehr der ansässigen Bevölkerung in die
städtischen Zentren) durchgeführt.
Klöster und Kirchen
Die frühen Klöster bestanden aus von einem Erdwall umgebenen losen Gruppen von Hütten aus Holz
oder Flechtwerk mit Scheune, Stall, Speisesaal, Refektorium und einer kleinen Kirche. Im Laufe der Zeit wurden die Bauten durch steinerne Gebäude ersetzt und befestigte Rundtürme nach irischem Vorbild errichtet (z. B. der wohl als Glockenturm für eine benachbarte Kirche und Zufluchtsort für die Bevölkerung dienende, 22 m hoher Abernethy Round Tower von ca.
1100).
Die Gemeindekirchen waren schlicht. Vor dem 8. Jh. besaßen sie meist nur einen einfachen rechteckigen Grundriss oft ohne Türme. In den Highlands bestanden die
Kirchen häufig nur aus Bruchsteinmauerwerk.
Ab dem 11. Jh. kamen mit der Einführung kontinentaler Ideen des Klosterwesens das stabilere Quadermauerwerk und der romanische Baustil (der nach Breite strebte) auf (z. B. Dunfermline Abbey und Dalmeny
Kirk). Mit der Ankunft neuer Orden in Schottland setzte ab dem 12. Jh. ein Bauboom in der kirchlichen Architektur oft mit englischen und kontinentalen Formen ein.
Ab dem 13. Jh. fand der (nach Höhe strebende) gotische Stil Verbreitung (z. B. bei der Kathedrale von Glasgow und
beim Wiederaufbau von Melrose Abbey sowie in Rosslyn). Der Renaissancestil beeinflusste die Architektur ab dem 15. Jh., mit flachen massiven Kirchenbauten als Ergebnis.
Vor der Reformation verfügten viele Kirchen über einen reich
dekorierten Innenraum oft mit Grabmälern. Nach der Reformation kam es ab der Mitte des 16. Jhs. zu einem verschlichternden Um- und Neubau von Kirchen oft mit einem rechteckigen oder T-förmigen Grundriss und einem Fenster an der Südwand (z. B. in Greenock und
Durness).
Nach der Restauration gab es ab dem späten 17. Jh. Versuche zur
Integration von barocken und klassizistischen Elementen in die Kirchenarchitektur. Im 19. Jh. kehrte
man zu mittelalterlichen Formen zurück und errichtete neue Kirchen im Stil der Neogotik und
Neoromanik.
In der zweiten Hälfte des 20. Jhs. wurde der Kirchenbau durch den Modernismus mit
unregelmäßigen Formen und neuen Baumaterialien beeinflusst.
Natur- und Baudenkmalpflege
Im Jahr 1931 wurde der National Trust for Scotland (Urras Nàiseanta na h-Alba) for Places of Historic Interest or Natural Beauty als gemeinnützige Organisation zur Bewahrung des landschaftlichen und kulturellen Erbes etabliert. Die 1991 geschaffene Regierungsbehörde Historic Scotland (Alba Aosmhor) war bis 2014 für die historischen Bauwerke des Landes zuständig. 2014 übertrug man die Zuständigkeiten von Historic Scotland und der Royal Commission on the Ancient and Historical Monuments of Scotland/RCAHMS (die seit 1908 Informationen über die bauliche und historische Umwelt aufzeichnet, auswertet und sammelt) an die neue öffentliche Körperschaft Historic Environment of Scotland.